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Gedenktafel und Konzert für Wang Guangqi in Bonn

Der chinesische Musikwissenschaftler Wang Guangqi 王光祈 (1892-1936) erlangte an der Universität Bonn die Doktorwürde für seine Dissertation über die chinesische Oper im Fach Musikwissenschaft. Gleichzeitig war er einer der ersten Dozenten für chinesische Sprache in Bonn. Während seines Aufenthaltes in Deutschland berichtete er in die Heimat von der deutschen Gesellschaft im Allgemeinen und ganz besonders von der Musik. Er lebte in der Argelanderstraße in Bonn und starb dort im Jahr 1936. Er gilt als der Begründer der modernen Musikwissenschaft in China und gleichzeitig als einer der ersten, der chinesische Musik in der westlichen Welt bekannt machte.

Am 9.9. um 15:00 wird feierlich die Gedenktafel für Wang Guangqi an seinem ehemaligen Wohnhaus, Argelanderstraße 33, enthüllt. Um 19:00 folgt dann das festliche Konzert, zu dem wir die Ehre haben, drei distinguierte Spielerinnen der chinesischen „Wölbbrett-Zither“ Guqin begrüßen zu dürfen. Dieses Instrument steht in einer jahrtausendealten Tradition, ebenso gehen viele der Stücke, die auf ihr gespielt werden, in die vorchristliche Zeit zurück.

Die feierliche Enthüllung war ein voller Erfolg, wie unser Video zeigt:

Programm:

15:00 Feierliche Enthüllung der Gedenktafel

Es sprechen:

  • Reinhard Limbach (Erster Bürgermeister)
  • Stefan-Peter Greiner (Hauseigentümer)
  • Gesang Meiduo (Professorin der Sichuan Musikhochschule)
  • Huang Mei (Guqin-Spielerin)

19:00 Abendkonzert: „Erinnerung an einen alten Freund“ 忆故人

Es spielen auf der Guqin:

  • Huang Mei
  • Li Mengjie
  • Yang Xi

“The Strange Sound”

Symposium und Konzert Chinesischer Musik

11. November 2016 im Kammermusiksaal Beethoven-Haus Bonn

Pressemitteilung und Einladung


Symposium (Einlass 14:00, Beginn 14:30)

Im Kammermusiksaal des Bonner Beethoven-Hauses sind am 11.11.2016 die Großen der chinesischen Musikwissenschaft aus aller Welt zu Gast und diskutieren mit dem seit den 60er Jahren in Bonn präsenten Verein Ostasien-Institut e.V. zukünftige Projekte zu China-Deutschland-Austausch im Bereich Musik.

Die vier ProfessorInnen Barbara Mittler (Universität Heidelberg), François Picard (Sorbonne, Paris), Chun-Zen Huang (National Taiwan Normal University) und Frank Kouwenhoven (Universität Leiden) werden ab dem 11.11. das Kuratorium des Ostasien-Instituts stellen. Zusammen mit ihnen sollen viele China-Musik-Projekte in Bonn realisiert werden. Diskutieren Sie im offenen Podium mit uns während es Symposiums die Projektideen.

Der inzwischen 83-jährige Gründer des Ostasien-Instituts, Alois Osterwalder, wurde für seinen nachhaltigen Einsatz für die Verständigung zwischen Ost und West im Jahr 2015 mit dem über 20.000 Euro dotierten Kulturpreis der Fondation culturelle franco-taiwanaise ausgezeichnet. Dieses Geld wird in weitere Projekte und musikalische Veranstaltungen im Namen des Kulturaustausches zwischen Taiwan (Republik China) und Deutschland investiert, die in Bonn stattfinden werden.

Im Symposium am 11.11. soll auf die vergangenen Erfolge zurückgeblickt und Weichen für die Zukunft gestellt werden. Ein besonders großer Erfolg des Ostasien-Instituts wurde zusammen mit der National Taiwan Normal University erreicht: Der berühmte Musikforscher Shih Wei-Liang hatte in den 60er Jahren zahlreiche Aufnahmen heute längst vergessener Taiwanischer Volksmusik gemacht. In Taiwan sind alle Aufnahmen jedoch zerstört worden. Lediglich hier in Bonn bewahrte Alois Osterwalder diese Tondbänder jahrzehnte lang auf. Sie wurden nun digitalisiert und im Internet von der National Taiwan Normal University für alle Welt zur Verfügung gestellt. Zu Ehren Osterwalders richtete die Universität einen eigenen Lehrstuhl ein.

Für die Zukunft will das Ostasien-Institut zusammen mit seinen taiwanesischen, chinesischen und europäischen Partnern weitere Projekte zur chinesischen Musik im Bonner Raum realisieren und Publikationen in dem Bereich veröffentlichen. Die wunderschöne chinesische Musik den Deutschen näherzubringen ist dem Verein ein Kernanliegen. Der nächste Meilenstein soll das 100jährige Jubiläum der chinesischen “Vierten-Mai-Bewegung” 1919 im Jahr 2019 sein. Diese revolutionäre Bewegung bedeutete für China eine kulturelle Zeitenwende und die radikale Hinwendung zur Moderne.

Konzert “Klingende Landschaften” (Beginn 19:30)

Im Konzert werden musikalische Landschaften mit “fremdem Klang” erschlossen. Die Verbindung von Ost und West wird klanglich hörbar. Frau Li Xueyan spielt die chinesische Zither “guzheng” und Herr Wang Jianpeng die aus der westlichen klassischen Musik wohlbekannte Oboe. Zusammen lassen sie das Schönste aus chinesischer und westlicher Musik von Gestern und Heute erklingen. Der Eintritt ist frei.


Programm

14:30     Welcome by OAI
14:45    Awarding of the Certificates (Dr. Therese Geulen).
15:00    Book Presentation The Strange Sound
15:15    Statements of Board members  (10 min each person)
    Barbara Mittler, François Picard, Huang Chun-Zen, Frank Kouwenhoven
 
16:00    Coffee break

16:30    Panel discussion
    Participants: members of the advisory board
    Moderation: Dr. Therese Geulen
    Inputs by: Mariana Münning, Johannes Sturm, Josie-Marie Perkuhn
17:30    Resumee: 15 minutes
 
19:30            CONCERT “Klingende Landschaften”

„Der Fremde Klang“ geht in die zweite Runde!

Am 11. 11. sind wir erneut im Kammermusiksaal des Beethovenhauses mit einer neuen Veranstaltung zum musikalischen Austausch zwischen Europa und China. Wir beginnen um 14:00 Uhr mit dem Symposium zu Stand und Problematik der musikwissenschaftlichen Begegnung mit China. Unsere Ehrengäste Barbara Mittler, Francois Picard, Huang Chun-Zen und Frank Kouwenhoven bilden das Kuratorium des Ostasien-Instituts, das uns beratend für zukünftige wissenschaftliche und musikalische Projekte zur Seite steht.

Abends um 19:30 bilden Li Xueyan an der Guzheng und Wang Jianpeng an der Oboe den musikalischen Abschluss. In dem Konzert werden traditionelle und moderne chinesische Werke zu hören sein.

Li Xueyan (Guzheng) und Wang Jianpeng (Oboe).

Program:

14:30 Welcome by OAI
14:45 Awarding of Certificates
15:00 Presentation of Publication: The Strange Sound
15:15 Statements of Advisory Board Members:
Prof. Barbara Mittler (Uni Heidelberg)
Prof. François Picard (Sorbonne)
Prof. Huang Chun-Zen 黃均人 (NTNU)
Frank Kouwenhoven (CHIME)

16:00 Coffee Break
16:30 Panel Discussion with Advisory Board Members
Inputs by:
Mariana Münning
Johannes Sturm
Josie-Marie Perkuhn
17:30 Resumee

19:30 Concert: Klingende Landschaften 悠遊山水風情

Konzertplakat
Konzert: 28. August 2015

Taiwan Impression:

Little Giant Chinese Chamber Orchestra aus Taipeh in Sankt Augustin

Pressemitteilung:

Weltmusik in Sankt Augustin

Kammerorchester aus Taiwan entführt Zuschauer nach Asien

Am 28.08.2015 fand in der Aula der Steyler Missionare die zweite Veranstaltung des Little Giant Chinese Chambers Orchestra im Bonner Raum statt. Zunächst wirkten die Fremden Instrumente nicht passend in der nahezu neuen frischen Aula, doch bereits beim ersten Stück wurden die Zuschauer in den Bann der fernöstlichen Klänge gezogen. Jeder Musiker war ein Spezialist an seinem Instrument, der sonst vor allem im Nationaltheater in Taiwan spielt.

Doch wie kommt so etwas Hochkarätiges ausgerechnet nach Sankt Augustin? Dies ist dem Ostasien-Institut e.V. und einer unermüdlichen Dame zu verdanken die es möglich machte, dass auch dieses Jahr ein solches Spektakel genossen werden konnte. Dr. Shu-Jyuan Deiwiks organisierte und kümmerte sich unverzagt und ehrenamtlich. Der Dirigent und Gründer des Orchesters, Dr. Chi-Sheng Chen, beantragte Zuschüsse bei Stellen wie dem taiwanischen Kultusministerium und zahlte den Rest der Reisekosten sogar aus eigener Tasche. So konnten die Little Giants, nachdem sie in diesem Jahr bereits in Kanada, USA, Berlin, Karlsruhe und Düsseldorf aufgetreten sind, auch endlich erneut im Bonner Raum das Publikum verzauberten.

Am Konzertabend entführten die Little Giants und ihr Dirigent Dr. Chih-Sheng Chen das deutsch-taiwanische Publikum in eine andere Welt. Auf dieser Reise trafen sie zwischen tainwanischen Volksliedern und modernen Stücken chinesischer und taiwanischer Komponisten auch alte Bekannte: zum Beispiel “Claire de Lune” von Debussy, das sich musikalisch mit dem Stück “Erinnerung” des längst verstorbenen, ohne Schulbildung aufgewachsenen taiwanischen Mondlaute-Spielers Chen Da vermischte. Die Musik von Chen Da konnte nur wiederhergestellt werden, da das Ostasien-Institut jahrzehntelang alte Tonbandaufnahmen aufbewahrt hatte, die nun in einem großen Forschungsprojekt in Taiwan digitalisiert und bearbeitet werden. Für diesen Beitrag erhielt der Gründer des Ostasien-Instituts, Alois Osterwalder, den taiwanischen Kulturpreis.

Andere Lieder wiederum basierten auf der Gesangtradition der Ureinwohner Taiwans, die in vielen unterschiedlichen Stämmen leben. Auch typische taiwanische und chinesische Volkslieder, wie die “Sehnsucht nach der Frühlingsbrise”, fanden ihren Weg in die Ohren des Publikums, welches lauthals mitsang.

Spätestens nach der Pause war klar, wer hier saß hatte die Möglichkeit abzuschalten, in eine andere Welt einzutauchen und für diese Zeit vollends zu entspannen. Sowohl in der Pause als auch am Ende hatten die Zuschauer Zeit, die traditionellen Musikinstrumente näher in Augenschein zu nehmen. Der ein oder andere konnte ihnen auch einen Ton entlocken. Schlussendlich war es ein gelungener Abend und es bleibt nur zu hoffen, dass der Weg der Little Giants auch nächstes Jahr wieder zu uns führt und wir dieses Erlebnis mit noch mehr Zuschauern teilen können.

Mehr über das Orchester unter http://www.littlegiant.idv.tw/index_eng.htm

Ankündigung:

Das Little Giant Chinese Chamber Orchestra 小巨人絲竹樂團 aus Taipeh, Taiwan, spielt traditionelle chinesische Instrumente und kombiniert diese gerne auch mit Instrumenten der westlichen klassischen Musik.

Ankündigung auch auf http://www.onlinezeitung.co/news/datum/2015/08/17/oai-laedt-zum-konzert-des-little-giant-chinese-chamber-orchestra-aus-taipei/

Der 19. Taiwanisch-Französische Kulturpreis geht an Alois Osterwalder

Am 6. Juli 2015 wurde dem Gründer des OAI, Alois Osterwalder, im Institut de France, Académie des sciences morales et politiques in Partis, der Kulturpreis der Fondation culturelle franco-taiwanaise verliehen. Dieser Preis ehrt seine Verdienste im Austausch zwischen Europa und Taiwan. Verliehen wurde der Preis vom Kulturminister der Republik China (Taiwan), Hung Meng-Chi.

Fotos: Centre Culturel de Taiwan à Paris (Kulturabteilung der Taipeh Vertretung in Frankreich).

Von rechts: Der Taiwanische Kulturminister Hung Meng-Chi 洪孟啟, Preisträger Alois Osterwalder, Preisträgerin Fiorella Allio, Sekretär auf Lebenszeit der Académie des sciences morales et politiques Xavier Darcos, Botschafter Michel Ching-long Lu 呂慶龍.
Kulturminister Hung Meng-chi überreicht die Urkunde an Pater Alois Osterwalder.
Rechts: Xavier Darcos.
Xavier Darcos, Gilbert Guillaume (Vice-président), Hung Meng-Chi.

Eine ausführliche Berichterstattung in Chinesischer Sprache ist auf der Webseite der Zeitschrift Epoch Times zu lesen.

Der Fremde Klang

Symposium mit Abendkonzerten 3. – 4. Oktober 2014 in Bonn

aus: China heute XXXIV 2019 Nr. 1

von: Mariana Münning

Am 3. und 4. Oktober 2014 kamen im Kammermusiksaal des Beethovenhauses in Bonn auf Einladung des Ostasien-Instituts e.V. (OAI) und der Bonner Gesellschaft für Chinastudien e.V. (BGCS) Wissenschaftler und Musiker aus Europa, China, Taiwan und sogar Neuseeland zusammen, um über die neuesten Entwicklungen der Erforschung des Austauschs zwischen Europa und China im Bereich der Musik und Musikwissenschaft zu diskutieren.

In ihrer Einführung erklärte die Vorsitzende des OAI und der BGCS, Dr. Therese GEULEN, was der Titel des Symposiums „Der Fremde Klang“ für die Veranstalter bedeutet. Er beschreibt das befremdliche Gefühl, mit unbekannten ästhetischen Normen konfrontiert zu werden. Gerade im Bereich der Musik kann eine ungewohnte Klangabfolge oder Klangkombination beim Zuhörer nicht nur Erstaunen, sondern vielleicht gar Entsetzen hervorrufen.

Wie Prof. François PICARD vom Institut de Recherche en Musicologie der Sorbonne im Eröffnungsvortrag erklärte, fand ein solches Aufeinandertreffen von musikalischen Normen im 17. Jahrhundert statt, als jesuitische Missionare und chinesische Konvertiten in China das Christentum auch mit musikalischen Mitteln verbreiten wollten. Zunächst geschah dies im Rahmen der Akkomodationsstrategie mit christlichen Texten in chinesischer Sprache zu chinesischer Musik, wie in der Musik der Jesuitenpater WU Li 吳歷 (1632-1718, siehe unten) und Joseph Marie Amiot (1718-1793). PICARDs Analyse des Tonumfangs zeigt, dass die Stücke der Musiktradition des Konfuzianismus folgten. Ein Jahrhundert zuvor wäre dies für den Gründer der China-Mission, Matteo Ricci (1552-1610), undenkbar gewesen, da er die chinesische Musik noch als abstoßend nicht-musikalisch empfand. Die Jesuiten wollten den christlichen Glauben gezielt den gebildeten Gelehrtenbeamten des Kaiserhofs nahebringen.

Lutheranische Missionare im 19. Jahrhundert kombinierten endlich europäische Kirchentonarten und die Pentatonik, während sie das christliche Vokabular im Chinesischen deutlich vereinfachten. Im 20. Jahrhundert wurden immer mehr Stücke komponiert, die auf beiden musikalischen Traditionen aufbauen. PICARD bemüht sich in seiner Forschung, eine neue musikwissenschaftliche Terminologie herauszuarbeiten, die den unterschiedlichen Konventionen und Traditionen der asiatischen Musik Rechnung trägt. Sein Standardwerk La musique chinoise wird demnächst auf Deutsch, herausgegeben vom Ostasien-Institut, erscheinen.

WU Li war auch Thema des folgenden Vortrags von Dr. HONG Li-Xing 洪力行 von der Katholischen Fu Jen Universität in Taiwan. Der Poet und Maler WU Li war einer der ersten chinesischen Literatenbeamten, der als Priester des Jesuitenordens ordiniert wurde. Er kann als Vorreiter der chinesischen Kirchenmusik betrachtet werden. Sein Werk der „himmlischen Musik“ Tianyue zhengyin pu 天樂正音譜 (wahrscheinlich 1710 komponiert) hat christlichen Inhalt. Zwar sind von diesem Werk keine Noten erhalten, aber der Text beinhaltet Anweisungen, zu welcher Melodie er gesungen werden soll. Es handelt sich nämlich um Suiten in der musikliterarischen Form des Qu 曲, im Deutschen manchmal „Ballade“ genannt. Diese gesungener Poesie, die bereits in der Yuan-Dynastie (1271-1368) einen Höhepunkt erlebte und in viele Unterkategorien unterteilt wird, hat einen festen Kanon an Melodien.

Wie mag das geklungen haben? Da beim Qu der Text in direktem Zusammenhang zur Musik steht, gab am Nachmittag HAN Chang-Yun 韓昌雲 (Theresa HAN), Präsidentin der Taipei Kunqu Society, einen Workshop zur Rekonstruktion des Tianyue zhengyin pu. Diese „Kun-Oper“ Kunqu 崑曲 ist ein heute noch lebendiger Qu-Stil. Anhand des Textes ist es also für erfahrene SängerInnen wie Theresa HAN möglich, eine passende Melodie und Ornamente zu singen. Da das Chinesische bekanntermaßen eine tonale Sprache ist, gibt es für jeden Ton einer Silbe des Textes bestimmte Intonationsfolgen. Aufgeschrieben werden die Noten traditionell dann in der Gongche- 工尺 Notation, eine Solmisationsschrift, in welcher jeder Note ein Schriftzeichen zugeordnet wird. Weitere Zeichen geben den Rhythmus oder auch die Artikulationsweise an. Unter Theresa HANs Leitung sang der ganze Saal.

In seinem Vortrag „Der Klang des Dao“ stellte der Salzburger Musikpädagoge Dr. Herbert HOPFGARTNER den Daoismus vor, der viel Einfluss auf die chinesische Musik ausübte. Auch heute noch sieht er in Musikstücken, in denen der Stille eine besondere Rolle zukommt, Elemente aus dem Daoismus oder auch aus dem daoistisch beeinflussten Zen-Buddhismus.

Den krönenden Abschluss des ersten Tages bildete dann das Konzert des Little Giant Chinese Chamber Orchestras, wozu die Komponistin Prof. CHAO Ching-Wen 趙菁文 der National Taiwan University eine ausführliche Einführung gab. Das aus klassischen chinesischen Instrumenten wie Flöte Di 笛, „Mundorgel“ Sheng 笙 oder auch der ursprünglich aus Zentralasien eingeführten Laute Pipa 琵琶 bestehende Orchester wurde durch einen Konzertflügel ergänzt und die Klänge mit projizierten Visualisierungen auf einer Leinwand sichtbar gemacht. Diese ungewöhnliche Kombination von Instrumenten war auch den Melodien anzuhören, welche die Besonderheiten sowohl der westlichen als auch der chinesischen Musikkultur erfrischend neu zum erklingen brachten. Durch die Architektur des Kammermusiksaals des Beethovenhauses, der eine große Nähe zwischen Publikum und Musikern zulässt, war die Konzentration und Leidenschaft des aus taiwanischen Studierenden bestehenden Orchesters und des Dirigenten Dr. CHEN Chih-Sheng 陳智昇 zu spüren. Ebenso erlaubte diese Nähe den Publikum, die in Deutschland selten gesehenen Instrumente eingehend zu bestaunen. Sowohl Stückauswahl als auch Stückabfolge, sowie die technischen Fertigkeiten der Musiker begeisterten das Bonner Publikum, welches die Musiker mit viel Applaus und nicht ohne eine Zugabe entließ.

Besonders hervorzuheben ist das Stück „Erinnerung“, welches auf den taiwanischen Sänger und Mondlaute-Spieler CHEN Da 陳達 zurückgeht und von der Komponistin CHAO erstmalig für ein Bühnenarrangement aufbereitet wurde. In einfachsten Verhältnissen lebend komponierte und rezitierte CHEN Da Zeit seines Lebens unzählige Lieder, ohne je Lesen, Schreiben oder gar das Notenlesen gelernt oder Musikunterricht erhalten zu haben. Wie auch Professor HUANG Chun-Zen 黃均人 der Taiwan Normal University am darauffolgenden Tag in seinem Vortrag erläuterte, war dieses und viele andere Volkslieder vom Musikethnologen SHIH Wei-Liang 史惟亮 (1925-77) während seiner Feldforschung aufgenommen worden. Nachdem SHIH in Wien Komposition studiert hatte, gründete er zusammen mit dem Steyler Pater und Initiator des „Fremden Klangs“, Alois OSTERWALDER, in Bonn die Arbeitsgesmeinschaft China-Europa, um den Kulturaustausch zwischen Ost und West zu vertiefen – das heutige das Ostasien-Institut (OAI). Dank dieser Arbeitsgemeinschaft konnte auf Taiwan die erste Musik-Bibliothek „Chinese Youth Music Library“ gegründet werden. 1967 wurde die Sammlung von Volksliedergut im „Folksong Fieldwork Movement“ begonnen, und SHIH Wei-Liang gründete 1968 ein Zentrum zur Erforschung chinesischer Musik in Bonn. In den Räumen des OAI bewahrte Alois OSTERWALDER jahrzehntelang SHIH Wei-Liangs Aufnahmen der Volksmusik auf – auf Taiwan waren Kopien davon schon längst zerstört. Momentan ist das OAI zusammen mit dem Digital Archive Center for Music an der National Taiwan Normal University unter der Leitung von HUANG Chun-Zen mit der Digitalisierung dieser seltenen Aufnahmen von längst verlorener Musik beschäftigt. Für sein Engagement erhielt OSTERWALDER den Kulturpreis der Fondation culturelle franco-taiwanaise.

Am zweiten Tag des Symposiums wurde der Austausch zwischen Deutschland und der chinesischen Welt im 20. Jahrhundert weiter beleuchtet. Zwei Vorträge behandelten den Gründungsvater der modernen Musikwissenschaft in China: WANG Guangqi 王光祈 (1891-1936), der 1920-36 in Deutschland lebte, in Berlin Musikwissenschaft studierte und als Chinesisch-Lektor in Bonn tätig war, wo er auch verstarb. Einerseis führte er Theorien und Methoden der sogenannten „Berliner Schule“ der Musikwissenschaft in China ein, andererseits brachte er auch dem deutschen Publikum die chinesische Musik näher. Wie Dr. GONG Hong-Yu 宫宏宇 vom Unitec Institute of Technology in Auckland, Neuseeland in seinem Vortrag erklärte, hoffte WANG Guangqi, dem chinesischen Volk mithilfe von Musik zu mehr Bildung zu verhelfen – gerade Anfang des 20. Jahrhunderts war dies vielen Intellektuellen ein wichtiges Anliegen, da sich das chinesische Kaiserreich als international nicht wettbewerbsfähig gezeigt hatte und die Angst bestand, vom Westen und Japan „abgehängt“ zu werden. Prof. ZHAO Chonghua 赵重华 der Sichuan-Musikhochschule in Chengdu erläuterte in einem weiteren Vortrag, dass WANG Guangqi die Rolle von Musik für die Moral des Volkes betonte, was ihn nicht nur dazu motivierte, umfassende Werke zur Musiktheorie zu verfassen, sondern ganz besonders auch, sich auf dem Bereich der Musikerziehung zu betätigen.

Die zum Symposium eingeladene Joanna Lee hatte sich entschieden, aufgrund der Proteste der Demokratie-Bewegung in Hongkong nicht anzureisen. Glücklicherweise erklärte sich Frank Kouwenhoven (CHIME – European Foundation For Chinese Music Research, Leiden) bereit, spontan einen Vortrag über den Komponisten TAN Dun 谭盾 zu halten. TAN Dun gehört zu den bekanntesten Komponisten des heutigen China, der nicht nur die Musik zu den bekannten Filmen Tiger and Dragon oder Hero, sowie für die Feierlichkeiten der Olympischen Spiele in Peking 2008 komponierte, sondern auch vor allem dafür bekannt ist, in seinen Werken Geräusche von Elementen wie Wasser oder Stein einzubeziehen.

Am Abend des 4. Oktober beendete dann das Solo-Konzert der Guqin-Spielerin HUANG Mei 黄梅, die bereits am Vorabend ein Stück mit dem Little Giant Chinese Chamber Orchestra gespielt hatte. Die Guqin 古琴 ist eine „Wölbbrettzither“ und das Instrument des konfuzianischen Gelehrten schlechthin. Sie ist relativ leise, durch die ausgezeichnete Akustik des Kammermusiksaals aber kamen ihre sanften Klänge wunderbar zur Geltung. Besonders an der Spieltechnik der Guqin ist, dass der Ton scheinbar im Kopf des Zuhörers weiterklingt, wenn eigentlich nur noch das Gleiten von HUANG Meis Fingern über die Saiten zu hören ist. Diese meditativen Klänge hinterließen beim Publikum einen tiefen Eindruck.

Die Vorträge werden vorraussichtlich in diesem Jahr als Konferenzband in englischer Sprache publiziert.

SHIH Wei-Liang 史惟亮 (1925-1976) war ein Musikethnologe und Musikwissenschaftler. Er wurde in Liaoning im Nordosten Chinas geboren und wanderte nach 1949 nach Taiwan aus. Dort studierte er als einer der ersten Musik an der National Taiwan Normal University. Nach seinem Abschluss unterrichtete er Musik in unterschiedlichen Schulen und erhielt bald ein Stipendium, um im Ausland zu studieren. Nach einem Aufenthalt in Spanien ging er nach Wien an die Akademie für Musik. Dort traf er auch Alois Osterwalder und gründete 1968 in Bonn ein Zentrum zur Erforschung chinesischer Musik. Zeit seines Lebens sammelte SHIH eine große Anzahl an Aufnahmen, größtenteils von Taiwanischer Volksmusik. Diese Aufnahmen sind im Ostasien-Institut erhalten worden – als in Taiwan gelagerte Tonbänder schon längst zerfallen waren. Zusammen mit dem Material, dass SHIHs Sohn SHIH Jie-Yung (史擷詠, 1958-2011) zur Verfügung gestellt hat, wurde von HUANG Chun-Zen 黃均人 das “SHIH Wei-Liang Music Digital Archive Project” (史惟亮音樂數位典藏計畫, 2008-2009) durchgeführt, als dessen Ergebnis nun die Datenbank steht: http://archive.music.ntnu.edu.tw/wlsh/intro-exp.html

Der Alois Osterwalder Lehrstuhl an der National Taiwan Normal University, Taipei, Taiwan

Diese Chronologie der Ereignisse beschreibt, wie längst verloren geglaubtes Liedgut wieder ans Licht kam und zu Ehren des Konservators ein Lehrstuhl gegründet wurde. Das Ostasien-Institut konnte einen großen Beitrag für die Musikforschung zwischen Taiwan und Deutschland leisten.

Frühjahr 2012:

Alois Osterwalder zeigt Claire Shu-Jyuan Deiwiks die 57 Tonbänder in den Bücherschränken im Keller des Ostasien-Instituts in Bonn-Ippendorf. OAI-Keller. Das sind die Bänder, die der Musikforscher Shih Wei-Liang Alois in den 70er Jahren gegeben hat. Das OAI hatte damals keinen Fachmann, der diese Bänder bearbeiten oder benutzen konnte. Claire erklärte sich bereit, sich in Taiwan umzusehen.  Shih Wei-Liang ist bedeutend für Taiwan, da er unzählige Volkslieder erstmalig dokumentierte – in Deutschland jedoch ist er kaum bekannt, obwohl er auch hier und in Österreich wirkte. Das Ostasien-Institut wurde von Alois Osterwalder und Shi Wei-Liang gemeinsam gegründet.

22.10.2012:

Claire sucht Prof. Chun-Zen Huang der National Taiwan Normal University (im folgenden Shida 師大) auf. Prof. Huang ist Leiter des Zentrums für Digitalisierung und Archivierung für Musikdokumente an der Shida, die einzige Institution dieser Art in Taiwan. Prof. Huang war sofort begeistert von diesem Fund der Tonbänder. Dieser Fund schließt die Lücke seines Projektes „Shih Wei-Liang Documentation“, das von National Science Council (NSC, jetzt Ministerium of Science and Technology, MOST) gefördert wird.

07.01.-14.01.2013:

Prof. Huang Chun-zen, Dr. Claire Shu-Jyuan Deiwiks und Alois Osterwalder.

Prof. Huang kommt zwei Assistentinnen nach Bonn, um die Tonbänder zu sehen. Bei dieser Gelegenheit fotografiert das Team in Sankt Augustin bei den Steyler Missionaren auch die Peking-Oper-Kostüme und chinesischen Musikinstrumente, die das OAI in Taiwan kaufte und die von Shih Wei-Liang nach Bonn geschickt wurden. Darüber hinaus erhalten Prof. Huang und seinen Mitarbeiterinnen die Tonbänder und ca. 200 Seiten von Briefen von Shih Wei-Liang und Alois. Während des kurzen Aufenthalts wird Alois interviewt, auch Prof. Chiao in Trier, der eng mit Shih Wei-Liang befreundet war. Die Orte, an denen Shih Wei-Liang gelebt hat, werden fotografiert. All dies wurde der Dokumentation über Shi Wei-Liang zugeführt.

März 2013:

Ausstellung in Taiwan.

Ausstellung der Shi-Wei-Liang-Dokumente aus Deutschland an der Shida unter dem Motto: „Die Shih-Wei-Liang-Dokumente kehren heim“.  Gezeigt werden Tonbänder, Briefe, Programm usw.

Besuche verschidener Institutionen, die für die Aufbewahrung der Tonbänder in Frage kommen, z.B. Music Institute of Taiwan des Kulturministeriums, National Library usw.

Alois und Claire werden von der Kulturministerin Lung Ying-Tai empfangen. Alois wird dafür gedankt, dass er dieses taiwanische Kulturgut so lange (über 40 Jahre) so gut aufbewahrt hat. Seine Unterstützung der Musikstudenten aus Taiwan in den 60er und 70er Jahren wird hervorgehoben und gebührend ausgezeichnet.

OAI und Shida schließen einen Vertrag ab, dass das OAI diese Dokumente als Dauerleihgabe der Shida überlässt, damit die Shida die Arbeit der Digitalisierung und Archivierung unter Leitung von Prof. Chun-Zen Huang durchführt.

Die Vorbereitung der Gründung des Lehrstuhls Alois Osterwalder beginnt, mit Unterstützung des Industriellen Leo Yao, der vorher ein Abkommen mit der Shida unterzeichnet. Leo Yao verpflichtet sich, die Shida bei diesem Unterfangen finanziell zu unterstützen.

28.10.2013:

Gründungsfeier des Alois Osterwalder Lehrstuhls (chinesisch: 國立台灣師範大學歐樂思講座成立大會) zum Tag des Audiovisual Heritage des UNESCO (27.10.) in Taipei.

Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Huang wird gegründet, die für alle Belange des Lehrstuhls verantwortlich ist. Dies beinhaltet:

  1. Digitalisierung und Archivierung der Papierdokumente unter Leitung von Frau Dr. Nora Yeh (Library of Congress in Washington)
  2. Digitalisierung und Archivierung der Tonbänder unter Leitung von Prof. Dr. Dietrich Schüller aus Wien
  3. Veröffentlichung sämtlicher Forschungsergebnisse aus diesen Dokumenten, mit Unterstützung der Academia Sinica. 

Im Rahmen des Alois Osterwalder Lehrstuhls ist jeweils eine Frühjahrs- und Herbstveranstaltung geplant, bei denen ausländische Wissenschaftler an der Shida Gastvorträge aus dem Bereich Digitalisierung und Archivierung von Musikdokumenten abhalten und den Studierenden neues Wissen vermitteln.

Juli 2014:

Vier Studierende der Shida besuchen einen Workshop bei Prof. Schüller in Wien, um die neuste Technik der Digitalisierung von Musikdokumenten zu erlernen. Shida erwirbt anschließend die Geräte für diese Technik. Die Tonbänder werden mit dieser Technik digitalisiert. Das erste Ergebnis zeigt Prof. Huang  im Konzert am 03.10.2014 im Rahmen von „Der Fremde Klang“, wo der Anfang des Videostückes aus einem der Tonbänder stammt.

Zukünftige Planung:

Herbst 2015: Abschluss des Projektes „Shih-Wei-Liang-Dokumente in Deutschland“
Digitalisierung der Tonbänder,
Archivierung der Papierdokumente,
die Publikation des kommentierten Katalogs der Dokumente,
Weiterführung des Lehrstuhls Alois Osterwalder.






Mariana Münning, Josie-Marie Perkuhn, Johannes Sturm (eds.), The Strange Sound: Proceedings of the International Symposium on Chinese Musicology in Bonn, October 3-4, 2014, Bonn: Ostasien-Institut (epubli), 2016.

ORDER NOW: http://www.epubli.de/shop/buch/The-Strange-Sound-Alois-Osterwalder-9783741862991/57385

The Strange Sound Symposium took place in the Chamber Music Hall of Beethoven-Haus in Bonn in 2014.

Table of Contents

  • Barbara Mittler – Foreword
  • Mariana Münning, Josie-Marie Perkuhn, Johannes Sturm – Introduction
  • François Picard – Religion and Music in China: Synthetic or Hybrid?
  • Li-Xing Hong 洪力行 – The Curious but Wondrous Sound of Chinese Sacred Music: On Tianyue Zhengyin Pu by Wu Li 吳歷 (1632-1718)
  • Chang-Yun Han 韓昌雲 – The Art of Kunqu: From the Reconstruction of Tianyue Zhengyin Pu to the Fusion of Chinese Prosody and Music
  • Hong-yu Gong 宫宏宇 – An Accidental Musicologist – Wang Guangqi 王光祈 (1892-1936) and Sino-German Cultural Interaction in the 1920s and 1930s
  • Zhao Chonghua 赵崇华 – The Convergence of Ideals and Realities: How Wang Guangqi 王光祈 (1891-1936) Contributed to Music Education in China
  • Frank Kouwenhoven – China’s Musical Sorcerer, Tan Dun 谭盾
  • Huang Chun-Zen 黃均人 – The Alois Osterwalder Collection of the Shih Wei-Liang Archive: A Forgotten Music Treasure of Taiwan
  • Alois Osterwalder – Postface: The Strange Sound – Nachwort zum Musiksymposium „Der fremde Klang in China und in Europa“.

PRESSE:

http://www.ncl.edu.tw/information_236_7219.html
http://ccs.ncl.edu.tw/act_detail.aspx?sn=150